Interview mit Rudi Pöschl
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Motocrosser sind wilde Kerle und fürchten sich vor nichts. Nehmt euch Chad Reed mal als Beispiel her. Der Australier wird von seiner Honda 10 m hoch über den Table geschleudert und nachdem er ein paar Sekunden gebraucht hat um seine Schaltzentrale zu rebooten fährt er weiter als ob nichts gewesen wäre und belegt dann auch noch Platz 14. Reed:"Der Sani hat mir den Weg gezeigt und ich wusste auch nicht so recht bei welchem Rennen ich bin, aber ich bin halt mal los gefahren ..." Oder den legenädren MX-Sepp'l! Der Kerl baggert bei jeder After-Race Party sämtliche Blondinen an die ihm in einem Umkreis von 50 m auch nur in die Nähe kommen und nachdem er von deren glatzköpfigen Kumpels umstellt wurde weil die Schmäh's dann doch nicht so recht zogen ...? "Ihr seid's ja nur neidisch weil i so fesch bin und ihr so schiach, gö?!", war alles was ihm auskam. Wie es dann weiter ging beschreiben wir besser nicht. 

Aber eines gibt es was uns Motocrossern die Nackenhaare zu Berge stehen lässt. Nämlich dann wenn einem dieser baumlange Rudi Pöschl auf seiner Husaberg beim auner Cup Rennen im Nacken sitzt und sich mit der Hupe seiner Enduro bemerkbar macht dass man ihm endlich die Spur frei machen soll weil man ihm ja im Weg steht. Jaja, der Rudi... unser Schreckgespenst im Motocrosser Alltagsleben. Aber es geschieht uns recht. Was haben wir oft gelästert über die Lamperlfahrer... Und jetzt? Jetzt hat die Inkarnation von Freddy Krüger im Endurobereich den auner Cup entdeckt und wird uns nicht mehr loslassen bis er den letzten auner MX'er in seine Schranken gewiesen hat. Rudi ist Österreich's Enduro Nationalheld Nr. 1 und das müssen wir in Form dieses Interviews auch dementsprechend würdigen, das war uns klar. 

Als wir Rudi telefonisch erreicht haben hat er uns nur gesagt "Wartsch a bissa'l, i bin grod in Italien und ruaf dann zruck" Was er dann auch getan hat ...

Rudi, was hast du denn gemacht in Italien?  
Rudi:"Ich? Ich habe gearbeitet, irgendwo muss ich ein Geld auch verdienen. Vom Motorrad fahren kann ich ja nicht davon leben."  

Ist in der ACC nicht soviel zu holen dass du als Profi davon leben kannst?  
Rudi:"Nein, natürlich nicht. Profi sind wir alle keine die in der ACC fahren. Wir müssen alle fleissig hackeln."  
  
Was machst du beruflich?  
Rudi:"Ich bin LKW-Fahrer. Ich liefere Eisen aus für eine Grosshandelsfirma."  

Du bist ja früher viel MX gefahren, oder?  
Rudi:"Ja, ich bin aus dem MX-Sport gekommen und vor ca. 10 Jahren umgesattelt auf Enduro und dann in die ACC eingestiegen."  

Taugt dir das Enduro fahren mehr als MX?  
Rudi:"Mir gefällt Enduro eigentlich viel besser. Für die MX ÖM bin ich ehrlich gesagt zu schwach, da müsste ich mehr trainieren. Bei der ACC die 2-Stunden Enduro's gefallen mir da einfach besser. Ich bin ja auch schon 2 x an den Bandscheiben operiert worden und MX würde meine Bandscheiben zu sehr belasten. Die Springerei kommt mir da nicht so entgegen. Es ist auch schwierig bei uns MX zu trainieren weil wir kaum MX-Strecken in der Nähe haben. In Vorarlberg Enduro zu fahren ist aber super, wir haben da Gelände ohne Ende, ein richtiges Eldorado. Wir dürfen zwar nicht fahren, wir fahren aber trotzdem, weisst eh wie es so ist."  

Fährst du alleine oder bist du dann mit ein paar Kumpels im Gehölz unterwegs?  
Rudi:"Nein, alleine fahre ich nicht, das wäre zu gefährlich wenn mal was passiert. Ich habe einen Freund der sehr gut fährt und mit welchem ich oft fahre. Mehr als  3 sind wir aber nie, da würden wir zuviel Lärm machen."  

Man muss natürlich vorsichtig sein beim illegalen Enduro fahren, oder? Überhaupt wo ihr so steiles Gelände habt ..  
Rudi:"Ja, aufpassen muss man aber überall. Man kann auch beim Spazieren gehen über einen Maulwurfhügel stolpern und sich weh tun. Man hat aber eh auch ein Handy dabei falls wirklich mal was Gröberes passiert."  

Hattest du nach dem Schwanenstadt Race auch Schmerzen in den Bandscheiben?  
Rudi:"Nein, diese Strecke ist ok. Die Strecke hat ja hauptsächlich steile Auf- und Abfahrten und die Sprünge die in die Weite gehen tun mir eigentlich nichts. Es war nur ein Sprung dabei wo man etwas runterplatscht aber sonst ... Die Strecke war für mich fein zu fahren. Ich bin auch den MX-Lauf in Kundl zum Alpencup gefahren und da habe ich mir bei Weitem schwerer getan mit den Sprüngen, diese gingen mehr auf meine Bandscheiben."  

War der grosse Hubraum von deiner 570er ein Vorteil in Schwanenstadt?  
Rudi:"Das würde ich gar nicht so sagen. Die Enduro mit den 6 Gängen passt halt einfach nicht so recht zusammen zum MX-Fahren. Ich habe sie zwar anders übersetzt aber gerade beim Rausbeschleunigen aus den Kurven hatte ich Nachteile. Die Crosser haben mir von den Kurven raus immer einige Meter abgenommen, die habe ich mir aber später dann wieder geholt. Von der Leistung her kann man die 570er Husaberg Enduro ungefähr mit einer 450er MX gleich setzen. Das Tolle ist aber man hat immer Reserven mit der 570er, z.B. wenn man einen falschen Gang drinnen hat zieht sie trotzdem super an."  

Bist du wirklich mit einer Serien-Enduro in Schwanenstadt gefahren?  
Rudi:"Ja, das war eigentlich mein Trainings-Motorrad. Vorne und hinten war zwar eine härtere Feder drinnen im Fahrwerk, aber sonst war alles komplett original. Ich habe ja erst in Schwanenstadt kurz vor dem Rennen das Licht hinten abgebaut und vorne den Scheinwerfer zugeklebt. Da hätte man wirklich nur mehr die Nr.-Tafel montieren brauchen und ich hätte heim fahren können."  

Aber so war es dann nicht wie es in deiner Presseinfo gestanden ist, dass du mit dem Taferl angereist bist, oder?  
Rudi:"Da hat mir der Walch der das für mich geschrieben hat was angetan. Nein, so war es natürlich nicht. Es gab auch keine technische Abnahme. Nur nach dem Zeittraining kam der technische Sportkommissär auf mich zu und hat gesagt dass ich das und das ändern muss. Z.B. die Handguards musste ich runternehmen, auch neue Griffgummi's aufziehen. Nach dem Runterschrauben der Handguards war ja nämlich ein Loch in den Griffgummi's aussen wo diese angeschraubt waren. Da hätte man sich anscheinend ja mit dem kleinen Finger reinfahren können während dem Rennen und sich verletzen usw."  

Du bist ja erst heuer auf Husaberg umgestiegen, oder? Wie kam es dazu?  
Rudi:"Ich bin ja 2 Jahre zuvor BMW gefahren und diese haben sich dann leider aus dem Offroadsport zurück gezogen. Ich bin mit der Husaberg aber auf Anhieb sofort sehr gut zurecht gekommen."  

Jetzt hast du ja auch den ACC Lauf in Mattighofen gewonnen. War das für dich eine Genugtuung die Motocrosser wie Fally und Hirschmugl mal hinter dir zurück zu lassen?  
Rudi:"Ja, natürlich war das ein toller Erfolg für mich. Alleine mit der Husaberg in Mattighofen, quasi ein Heimrennen, gewinnen zu können tut schon mal gut. Ich habe das selber mal erlebt was das bedeutet als ich mit der BMW das Rennen in Mattighofen gewonnen habe. Es war von KTM und Husaberg ein wenig die Erwartung da dass einer von uns den Fally besiegt. Und ich bin natürlich froh auch wieder mal ein Rennen gewonnen zu haben. Ich hatte zwar immer sehr gute Erfolge die letzten 2 Jahre in der ACC aber seit fast einem Jahr keinen Sieg mehr gehabt. In Mattighofen lief alles perfekt und ich bin über den Sieg sehr froh. Ich habe Mario Hirschmugl ja auch erst in der letzten Runde überholt der bis dahin geführt hat."  

Wie war das eigentlich damals als du mit der BMW in Mattighofen gewonnen hast, war da eine gedrückte Stimmung unter den Orangen?  
Rudi:"Das war 2009 der Finallauf der ACC in Mattighofen. Sigi Bauer hat damals alle ACC Läufe in diesem Jahr gewonnen und wollte natürlich auch den Finallauf für sich entscheiden. Da habe ich ihm die Suppe etwas versalzen sozusagen. Der Chef von BMW Österreich, Fritz Reichel, war damals auch mit beim Rennen in Mattighofen und der hat sich natürlich sehr gefreut  
dass ich in der Höhle des Löwen gewonnen habe."  

Das war ja auch das letzte Rennen von Sigi Bauer das er gefahren ist, oder? War das für dich auch etwas Besonderes Sigi besiegt zu haben?  
Rudi:"Gegen Sigi zu gewinnen ist natürlich immer was Besonderes. Er hat ja eine legendäre Vergangenheit, ist eine besondere Grösse im österreichischen Motorradsport, und ihn hinter sich zu lassen nachdem man eh das ganze Jahr das Nachsehen hatte war natürlich schon was Besonderes. Da mal eine Stufe über ihm am Podest zu stehen, das war toll."  

Wenn man also mal auf Sigi runterschauen kann, nicht?  
Rudi lachend:"Naja, obi schauen kann ich so auch wenn ich neben ihm stehen da ich ja doch fast 2 Meter Körpergrösse habe, das ist nicht so ein Problem. :-) Ich habe mit Sigi danach auch noch ein Bier mit ihm getrunken und das war somit eine schöne Erinnerung."  

Gibt es da einen Konkurrenzkampf zwischen den Motocrossern und Enduristen in der ACC?  
Rudi:"Nein, eigentlich nicht. Es ist halt nur so dass auf den schnelleren ACC-Läufen, den MX-ähnlicheren wie in Nagycenk die Motocrosser Vorteile haben. Im Wald und schwierigen Wurzelpassagen Stocker, Walzer und ich schneller sind. Mittlerweile haben aber auch Fally und Hirschmugl im Bereich Enduro stark aufgeholt, die sind schon echte Endurofahrer geworden. Wir verstehen uns auch alle sehr gut in der ACC."  

Was mir auch aufgefallen ist als ich in Weyer einige ÖM-Crosser auf deinen Sieg in Schwanenstadt angesprochen habe und die sich eigentlich alle für dich gefreut haben.  War das in Schwanenstadt auch so dass sich viele für dich gefreut haben?  
Rudi:"Ich kenne ja viele Leute in der Szene und komme mit allen sehr gut aus. Es haben sich deshalb in Schwanenstadt natürlich auch viele für mich gefreut. Dass sich der Wallisch natürlich nicht gefreut hat als ich ihn überholt habe ist natürlich klar aber ansonsten haben mir viele auf die Schulter geklopft. Der Sieg in Schwanenstadt war eine Super Werbung für mich wie auch für Husaberg. Es hat gezeigt dass dieses Motorrad sehr konkurrenzfähig ist, auch im MX-Bereich. Beim ACC Lauf in 
Mattighofen haben mich auch viele darauf angesprochen und mir gratuliert."  

Da hast du jetzt wohl Fans egal von welcher Marke, da steht die gesamte Endurogemeinde jetzt geschlossen hinter dir. Wenn die Endurofahrer auf MX-Strecken trainieren werden sie meistens von den MX'ern hergebrannt. Dass du das jetzt mal denen quasi im Namen der Endurofahrer zurückgezahlt hast hat ihnen sicher getaugt. Das war  
sozusagen die Rache der Endurofahrer, oder?  
Rudi:"Ja, so ist es. Das war wohl ein wenig so."  
  
Wie lange möchtest du noch fahren?  
Rudi:"Fahren werde ich immer, ich werde auf dem Motorrad sterben schätze ich. :-) Rennen fahren werde ich aber nur mehr einige Jahre, mal schauen. Ich werde jetzt 39, habe mit 4 Jahren angefangen, habe also schon etliche Stunden oben auf meinem persönlichen Betriebsstundenzähler. Aber solange die Erfolge halbwegs da sind fahre ich weiterhin Rennen."  

Gibt es Leute die dir in deiner sehr langen Karriere besonders geholfen haben?  
Rudi:"Der Hauptdank gilt natürlich meinem leider sehr früh verstorbenen Vater der mir das alles ermöglich hat. Und natürlich auch meiner Mama. Auch an alle meine Sponsoren und den Ärzten die mich immer wieder zusammen flickten. Mein schlimmster Unfall war mal ein Crash in Italien wo ich insgesamt mehr als 21 Brüche hatte. Man hat mir damals vom Becken weg Knochen rausgenommen weil sie diese im Handgelenk gebraucht haben. Der Arzt hat damals gesagt die Hand wird steif bleiben. Das war schon ein Tiefpunkt. Nach ein paar Tagen ist er wieder zu mir ans Bett gekommen und hat gesagt "Probieren wir was aus", ich sagte "Ja, gut, probieren wir, ist eh schon wurscht". Ich kann die Gashand jetzt zwar nicht mehr ganz voll ausdrehen, eine gesunde Hand hat da vielleicht 90 Grad Winkel, ich nur 45 Grad. Wenn ich die Gashand also mehr abwinkeln könnte, könnte ich auch mehr Gas geben und wäre noch schneller." :-)

Deswegen fährst wahrscheinlich die 570er, weil'st nicht soviel Gas geben musst  
Rudi lachend:"Ja, genau. Weil der Punch im unteren Drittel schon ausreicht um vorne mitzuhalten. Aber auch die Bandscheiben wurden mir 2 x sehr gut operiert."  

Die meisten Leute die Bandscheiben operiert sind gehen in Frühpension und du fährst Enduro-Rennen?!
Rudi:"Ja, genau. Ich hatte auch eine Bandscheiben Klinik die letzten 2 Jahre als Sponsor weil ich für denen quasi ein Vorzeigepatient war. Das war die Bandscheiben Klinik Telfs. Ich habe denen bisher sicher mindestens 15 Patienten gebracht. :-) Ich gehe auch alle 2 Jahre auf Kur, dann geht's wieder."  

Zum Schluss, dein Lebensmotto?  
Rudi:"Das Leben geniessen und immer immer immer das gesamte Leben lang Motorrad fahren, das ist das Wichtigste."